Berichte

Kongresshotel in Magdeburg

64. Wissenschaftlicher Kongress 2014

In Magdeburg wird heute der 64. Wissenschaftliche Kongress der Bundesverbände der Ärztinnen und Ärzte sowie der Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes eröffnet.

Vom 15. bis 17. Mai 2014 trafen sich dort mehr als 700 Kongressteilnehmer aus dem In- und Ausland, um über aktuelle Themen und Herausforderungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) zu diskutieren.

Bei der Eröffnungsveranstaltung richtete Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ein Grußwort an die Teilnehmer und beleuchtete den Stellenwert des ÖGD im deutschen Gesundheitswesen aus Sicht der Bundesregierung.

Nachwuchsmangel an den Gesundheitsämtern – ÖGD in der Generationenfalle

Die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD), Dr. Ute Teichert, verwies in ihrer Eröffnungsrede auf den seit Jahren zunehmenden Ärztemangel im ÖGD und die sinkende personelle Ausstattung der Gesundheitsämter.

„Der Ärztemangel im ÖGD muss allen Beteiligten in Bund, Ländern und Gemeinden, die in der Gesundheitspolitik Verantwortung tragen, endlich bewusst werden.“ Die kürzlich von der Bundesärztekammer veröffentlichten Zahlen der Ärztestatistik 2013 sind alarmierend: „Die Gesamtzahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern ist im Vergeblich zum Jahr 1996 um rund ein Drittel zurückgegangen, obwohl die Gesamtzahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland im gleichen Zeitraum um rund 21 Prozent gestiegen ist. So blutet der ÖGD aus und die Versorgung der Bevölkerung gerade in Epidemie-Zeiten ist nicht mehr gesichert“, so Teichert.

Ute Teichert wies auch auf die ungünstige Altersstruktur und den eklatanten Nachwuchsmangel in den Gesundheitsämtern vor Ort hin: „Die Zahl der bei Bund, Ländern und Gemeinden beschäftigten Fachärztinnen und Fachärzte für öffentliches Gesundheitswesen ist mittlerweile niedriger als die Zahl der nicht mehr berufstätigen.

Die drohende Demografiefalle, die der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Montgomery, bei der Vorstellung der Ärztestatistik angesichts eines zunehmenden Altersdurchschnitts der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte beklagt hatte, steht dem ÖGD nicht bevor, sie ist dort längst bittere Realität.“

Unzureichende Bezahlung im Vergleich zu anderen Arztgruppen

Eine wesentliche Ursache für die kritische Personalsituation im ÖGD sieht der Berufsverband in der schlechten Bezahlung und der kontinuierlichen Blockadehaltung der kommunalen Arbeitgeberverbände: „Fachärztinnen und -ärzte, die aus der Klinik in ein Gesundheitsamt wechseln möchten, werden dort auf das Gehaltsniveau eines Berufsanfängers zurückgesetzt. Unterm Strich kann das einen Gehaltsverlust von mehr als 1.000 Euro pro Monat ausmachen. Somit ist der ÖGD beim Werben um qualifizierten fachärztlichen Nachwuchs nahezu chancenlos.“

Seit Herbst 2010 laufen Tarifverhandlungen für den kommunalen Öffentlichen Gesundheitsdienst – eine traurige Never-Ending-Story. Bisher hat die Arbeitgeberseite, konkret die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), in den Tarifverhandlungen mit der dbb-tarifunion und dem Marburger Bund kein akzeptables Angebot unterbreitet, um die Benachteiligung der ÖGD-Ärzte abzubauen. An Einsicht in der gesundheitspolitischen Diskussion, dem Nachwuchsmangel wirksam begegnen zu müssen, mangele es zwar mittlerweile nicht mehr. Die letztjährige Gesundheitsministerkonferenz der Länder habe die kritische Situation im ÖGD deshalb ebenso zu einem Schwerpunktthema gemacht wie der diesjährige Deutsche Ärztetag, der Ende Mai in Düsseldorf stattfindet. Bei Absichtserklärungen und Solidaritätsadressen dürfe es allerdings nicht bleiben, betonte Teichert.

Es müssten nun endlich Taten folgen, wenn man tatsächlich einen arbeitsfähigen und qualitativ hochwertigen ÖGD sichern wolle. Dazu zählt auch, den Stellenwert des ÖGD in der medizinischen Ausbildung zu erhöhen, etwa durch die Etablierung von Lehrstühlen für Öffentliches Gesundheitswesen an den medizinischen Fakultäten und Angebote für Medizinstudenten, Famulaturen und einen Teil des Praktischen Jahres auch in einem Gesundheitsamt zu absolvieren. Erste Beispiele zeigen, dass solche Angebote sehr gut angenommen werden.

Stärkere Einbindung des ÖGD beim neuen Präventionsgesetz

An die Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe appelliert der BVÖGD, die Gesundheitsämter bei dem im Koalitionsvertrag vorgesehenen Präventionsgesetz stärker einzubinden: „Die dort enthaltene Zielsetzung, insbesondere die Prävention in Lebenswelten, wie Kita, Schulen, Betrieben und Pflegeheimen, zu stärken, wird von uns ausdrücklich unterstützt. Das gilt auch für den vorgesehen breiteren Ansatz, eine Koordination und Kooperation aller Sozialversicherungsträger sowie Länder und Kommunen im Bereich der Prävention über verpflichtende Rahmenbedingungen zu verbessern“, so Teichert.

In dem 2013 gescheiterten Gesetzentwurf, der sich fast ausschließlich auf Veränderungen im Bereich der Krankenversicherung beschränkte, wurde dem Stellenwert des ÖGD im Bereich der Prävention nicht ausreichend Rechnung getragen. „Wir haben als einzige Institution im Gesundheitswesen den direkten Zugang zu verschiedenen Lebenswelten, wie Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen, sowie bei der Ansprache sozial benachteiligter Gruppen vor Ort. Die Expertise und das spezifische Know-how des ÖGD sollte man bei dem neuen Anlauf zum Präventionsgesetz nutzen. Dazu bieten wir den gesundheitspolitisch Verantwortlichen unsere Unterstützung an.“

Den Wortlaut der Begrüßungsrede der Bundesvorsitzenden des BVÖGD, Dr. Ute Teichert, beim 64. Wissenschaftlichen Kongress von BVÖGD und BZÖG finden Sie unter www.bvoegd.de.

Weitere Themenschwerpunkte des Kongresses

In den nächsten Tagen wird der Kongress sich u.a. im Rahmen von drei Plenarsitzungen am Freitag, dem 16.05.2014, mit spannenden aktuellen Themen aus dem breit gefächerten Aufgabenspektrum des ÖGD beschäftigen:

„ÖGD meets Katastrophenschutz“ ist ein Thema, das gerade am Veranstaltungsort Magdeburg vor dem Hintergrund des letztjährigen Hochwassers aktuelle Bedeutung erlangt hat.

Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Praxis stehen im Mittelpunkt der Plenarsitzung „ÖGD meets GHUP“, die vom BVÖGD und der wissenschaftlichen Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) gemeinsam gestaltet wird.

„ÖGD meets STIKO“: Hier erwarten Sie interessante Diskussionen und neueste Entwicklungen rund ums Impfen mit führenden Experten aus der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut.

Neben Fragen der Prävention und Gesundheitsvorsorge werden auch die Krankenhaushygiene und die infektionshygienische Überwachung von Gesundheitseinrichtungen durch die Gesundheitsämter bei Vorträgen und Workshops in Magdeburg eine wichtige Rolle spielen.



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