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Gesetzentwurf zur Verbesserung der waffenrechtlichen Personenüberprüfungen

Stellungnahme Fachausschuss Psychiatrie des BVÖGD
Berlin, 07. Juni 2021

Stellungnahme als PDF

Der Bundestag hat vor kurzem den „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung waffenrechtlicher Personenüberprüfungen“ verabschiedet, der jetzt dem Bundesrat zur Zustimmung vorliegt.

Darin ist vorgesehen, bei Personen, die einen Waffenschein beantragen, im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung eine automatisierte Abfrage bei den Gesundheitsämtern der Wohnorte der letzten 5 Jahre erfolgt, ob Erkenntnisse über eine „psychische Störung“ vorliegen.

Die Intention des Gesetzes, allgemein die Verfügbarkeit von Waffen zu verringern, ist geeignet einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit zu leisten. Die geplante Maßnahme in Bezug auf Menschen mit psychischen Störungen ist aber abzulehnen, weil sie diskriminierend, in ihren Auswirkungen schädlich und zudem undurchführbar ist.

1.) Es ist allgemein bekannt, dass bei psychisch kranken Menschen im Allgemeinen ein erhöhtes Risiko für Gewaltdelikte gegenüber der Allgemeinbevölkerung nicht besteht. Dies ist nur bei einer sehr kleinen Zahl von Diagnosen und bei weiteren hinzutretenden spezifischen Bedingungen der Fall. Gewalttätiges Verhalten durch psychisch kranke Menschen erfolgt im Übrigen nur höchst selten unter Verwendung von dem Waffengesetz unterliegenden Waffen.

2.) Das Gesundheitsamt ist in der Regel der falsche Adressat für eine derartige Abfrage. Nur in vier von 16 Bundesländern ist das Gesundheitsamt die antragstellende Behörde für eine Unterbringung nach dem PsychK(H)G (beziehungsweise dem Landesunterbringungsgesetz). In den anderen 12 Bundesländern können daher beim Gesundheitsamt keine Daten über Unterbringungsanträge abgefragt werden.

3.) Die Aufgaben der Gesundheitsämter im Hinblick auf psychisch kranke Menschen aufgrund der Gesundheitsdienstgesetze beziehungsweise der PsychK(H)G der Länder beziehen sich auf die Beratung und Unterstützung von Betroffenen, um diesen den Zugang zur psychiatrischen Versorgung zu ermöglichen und darauf, Zwangseinweisungen durch rechtzeitige freiwillige Behandlungsinanspruchnahme und Vermittlung sozialer Hilfen zu vermeiden.

Jede rechtliche Regelung, die Zweifel an der unbedingten Vertraulichkeit der hierbei erhobenen Angaben weckt, erhöht die Schwelle für die Nutzung einer derartigen Hilfe und steigert somit das Risiko dafür, dass Menschen, statt Hilfe zu suchen bzw. anzunehmen, diese meiden. Dadurch würden vermehrt Krisen auftreten, die mit eigen- oder fremdgefährdendem Verhalten einhergehen, die bisher durch rechtzeitige Intervention vermieden oder aufgelöst werden können.

4.) Durch Suizid versterben jährlich mehr als 9000 Menschen, rund 25 pro Tag. In der überwiegenden Zahl der Fälle lag eine psychische Störung vor.

Dagegen gibt es pro Jahr unter 2000 Tötungsdelikte in Deutschland, nur ein geringer Anteil (im einstelligen Prozentbereich) wird durch Menschen mit einer psychischen Störung begangen.

Wenn die Regelung eingeführt würde und wie beabsichtigt funktionieren würde, ist davon auszugehen, dass der Vermeidung von einer allenfalls einstelligen Zahl von Tötungsdelikten pro Jahr eine Zunahme um eine dreistelligen Zahl von Suiziden pro Jahr gegenüberstünde.

5.) Schließlich ist die Regelung wegen ihrer pauschal diskriminierenden und zudem den Tatsachen widersprechenden Behauptung über die Gefährlichkeit psychisch erkrankter Menschen mit der UN-Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar.