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Neuer Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst verschärft Personalmangel in Gesundheitsämtern

Pressemitteilung
Berlin, 03. November 2020

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„Der Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst ist für die Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern eine Abwertung ihrer Leistungen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung“. Das sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Dr. Ute Teichert, nach dem Bekanntwerden der Verhandlungsergebnisse.

„In den vergangenen Jahren wurden viele Stellen in den Gesundheitsämtern abgebaut. Gleichzeitig konnten viele freiwerdende Stellen nicht wieder neu besetzt werden – schlicht, weil junge Ärztinnen und Ärzte nicht bereit sind, hohe Einkommensverluste gegenüber einer Tätigkeit in der Klinik oder in einer Praxis in Kauf zu nehmen, um im Gesundheitsamt zu arbeiten. Die Gesundheitsämter bluten personell aus, dabei ist die Arbeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst spannend, erfüllend, familienfreundlich und – wie nicht zuletzt die Corona-Pandemie zeigt – extrem wichtig“, so Teichert.

Der jetzt vorliegende Abschluss der Gewerkschaften ver.di und dbb mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) bringt den Ärzten in den Gesundheitsämtern wie alle anderen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst zunächst eine Nullrunde von sieben Monaten. Ab April 2021 gibt es ein Plus von 1,4 Prozent über 21 Monate mit einem Nachschlag von 1,8 Prozent ab April 2022. Umgerechnet auf die lange Laufzeit von 28 Monaten ergibt dies insgesamt ein Plus von maximal 1,65 Prozent.

Hinzu kommt eine Facharztzulage von 300 Euro, von der aber andere Ärzte – zum Beispiel jene in Weiterbildung – nicht profitieren. Die Facharztzulage gleicht gerade mal 1/5 der Differenz aus, die Fachärzte in den Gesundheitsämtern im Vergleich zu den Fachärzten in Kliniken weniger verdienen. 30 % der Kolleginnen und Kollegen, die ihre Weiterbildung noch nicht abgeschlossen haben, gehen völlig leer aus.

Laut BVÖGD bildet der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst die ärztliche Arbeit in den Gesundheitsämtern in keiner Weise ab. Der Verband fordert daher die VKA auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und mit dem BVÖGD und der Ärztegewerkschaft Marburger Bund einen arztspezifischen Tarifvertrag abzuschließen. Entsprechende Verhandlungen hatte die VKA abgebrochen obwohl ver.di und dbb die Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst seit deren Austritt aus dem Beamtenbund nicht mehr vertreten.

„Die Politik hat mittlerweile die Notwendigkeit erkannt, die Gesundheitsämter besser auszustatten – personell und technisch. Bund und Länder stellen deshalb mit dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst bis zum Jahr 2026 vier Milliarden Euro zur Verfügung. Die Mittel sind also vorhanden und sollen ausdrücklich auch für Vergütungsverbesserungen bereitgestellt werden.

Es fehlt offenbar der Wille bei den öffentlichen Arbeitgebern, die Ämter für ihre Aufgaben besser auszustatten. Dies ist aus unserer Sicht fahrlässig, weil man in Kauf nimmt, dass die Gesundheitsämter ihre hoheitlichen Aufgaben aus Personalmangel nicht so wahrnehmen können, wie es für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung wichtig wäre“, so Teichert.

Sie betonte, dass in dem jetzt vorliegenden Abschluss auch andere wichtige Berufsgruppen unterbewertet bleiben. Von den derzeit ca. 17.000 Beschäftigten in den Gesundheitsämtern werden mit den Fachärzten gerade einmal 10 % durch Sonderzulagen bessergestellt.1 „Zum Beispiel werden die Hygienekontrolleure, die jetzt in der Corona-Pandemie an vorderster Front arbeiten, in dem Abschluss mit keinem Wort erwähnt. Auch das ist ein Skandal“, so die BVÖGD-Vorsitzende.

ViSdP: Bundesgeschäftsstelle BVÖGD, Joachimsthaler Straße 10,10719 Berlin , info@bvoegd.de

1 Geschätzte Zahl der Beschäftigten in den Gesundheitsämtern ca. 17.000 Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern laut Bundesärztestatistik zum 31.12.2020 2564 davon 814 ohne und 1747 mit Facharztabschluss.